Der erste Flugzeugpark des FSV Grabfeld

Von fliegenden Kisten weit entfernt…

Die Erläuterung des Flugzeugparkes des Flugsportvereins Grabfeld e. V., um den sich das Vereinsgeschehen der letzten fünf Jahre nicht minder drehte, als um den Bau der Halle mit Clubraum und Werkstatt, muß aus einem Grund unvollständig bleiben. Und zwar einfach deshalb, weil der Flugsportverein nicht mehr jenen treuen Vogel hat, auf dem die meisten seiner Mitglieder die Luft zu erobern lernten: die „Rhönlerche‘. Eigentlich waren es ja zwei, die – nachdem eidliche fliegerische Erfahrung den Umgang mit Leistungssegelflugzeugen suchte – recht verlassen als stumme Zeugen bescheidener Anfänge in der Ecke standen. Allerdings hatte zumindest einer eine recht außergewöhnliche Zukunft vor sich: heute dreht eine „Rhönlerche“ ihre Kreise am Himmel von Neuseeland.
Vier Segelflugzeuge stehen nun in der neuen Halle des Flugsportvereins. Sie sind alle neu, im Falle der Ka 6 E zumindest neuwertig, und lassen in folgerichtiger Aneinanderreihung Rückschlüsse auf den Werdegang des Segelfliegers zu.
„Starten“ wir mit der AS-K 13, dem ausladenden Doppelsitzer, der an die Stelle der guten „Rhön-Lerche“ getreten ist. Bei ihm handelt es sich um die momentan letzte Stufe einer konsequenten Entwicklung, an deren Anfang die Ka 2 des Ingenieurs Rudolf Kaiser stand. Er selbst tüftelte die Verbesserungen aus, die das in Saal als Schulmaschine genutzte Flugzeug auch zum Leistungssegler machten. Das Flugzeug hat eine Spannweite von 16 Metern und ist 8,18 Meter lang. 190 kg können zugeladen werden, bis das Fluggewicht von 480 kg ereicht ist. Die Mindestgeschwindigkeit beträgt 61 km/h, die Höchstgeschwindigkeit 200 km/h. Die Gleitzahl der Maschine ist 28. Das vielleicht plumpe Aussehen darf über ihre Flugeigenschaften nicht hinwegtäuschen: eine Reihe von aktiven Fliegern des Flugsportvereins Grabfeld steigt in dieses Flugzeug ausgesprochen gern ein. 1965 wurden die ersten Muster dieses Typs hergestellt.

ASK 13, D-2118

Der nächste Schritt führt uns zur Ka 8, ebenfalls ein „Kind“ des weltbekannten Segelflugzeugkonstrukteurs aus Poppenhausen – übrigens ein Autoditakt im Flugzeugbau. Speziell als Vereinsmaschine konzipiert stellt sie gewissermaßen eine „entschärfte“ Ausgabe der Ka 6 dar, eine Maschine, auf die wir später noch zu sprechen kommen. Die Ka 8 ist mit ihrem Stahlrohrrumpf äußerst stabil, verträgt also durchaus den manchmal recht harten Vereinsbetrieb. Von ihren Flugeigenschaften her nimmt sie auch dem weniger Geübten einen kleinen Fehler nicht gleich übel. Ja, es bedarf sogar einiger Mühen, das Flugzeug aus kontrollierter Fluglage zu bringen. Bereits 1958 wurde der Prototyp konstruiert, seitdem dient dieser Typ vor allem dem Umstieg vom Schulungs- auf den Leistungsflug. Der Flugsportverein Grabfeld besitzt eine Weiterentwicklung dieser Maschine, die Ka 8. Das Flugzeug ist 7 Meter lang und hat eine Spannweite von 15 m. 310 kg beträgt das Fluggewicht, die Zuladung darf 120 kg nicht überschreiten. Die Mindestgeschwindigkeit wird vom Werk mit 54 km/h angegeben, die Höchstgeschwindigkeit mit 200 km/h. Die Gleitzahl: 27.

Ka 8, D-0850

Eine besondere Rolle in der Geschichte des motorlosen Fluges spielt die Ka 6, dem nächsten Flugzeug, dem wir uns zuwenden. Für diese Konstruktion erhielt Rudolf Kaiser 1958 einen Preis, und zwar „für das beste Standard-Segelflugzeug der Welt“, das überdies als das Flugzeug mit der größten Serie und als Höhepunkt und zugleich Abschluß der Epoche der Sperrholzbauweise im Segelflugzeugbau bekannt wurde. Die erste Ka 6 entstand bereits 1955; noch heute ist sie bei den meisten Flugsportgemeinschaften anzutreffen. Georg Brütting, schriftstellernder Flieger und anerkannter Fachmann in der deutschen Segelfliegerei, schrieb über die Ka 6: ,,Ihre Erfolge sind nicht aufzuzählen. Diese Kaiser-Konstruktion beherrschte die Standardklasse von 1959 bis 1969 in aller Welt… Höhepunkt war die Siegesserie von Heinz Huth, Hamburg, der mit der Ka 6 sechsfacher Deutscher Meister und 1960 und 1963 zweifacher Weltmeister wurde.“ Zahllose Rekorde wurden mit diesem Flugzeug geflogen, das dem Laien meist als schwerfällig erscheint. 6,66 m ist der Holzrumpf lang, die Spannweite der Ka 6 CR – der Version, über die der Flugsportverein Grabfeld verfügt – beträgt 15 Meter. 110 kg können zugeladen werden, das Fluggewicht beträgt dann 300 kg. Die Mindestgeschwindigkeit beträgt 59 km/h, die Höchstgeschwindigkeit 200 km/h. Die Leistungsfähigkeit wird auch aus der Gleitzahl ersichtlich: 30

Ka 6, D-8400

Neuestes Prunkstück und Symbol für die sich verändernden Bautechniken auch im Segelflugzeugbau ist die ASW 15, die der Flugsportverein erst wenige Monate im Besitz hat. Sie ist ein Werk des Dipl.-Ing. Gerhard Waibel, also ebenfalls aus Poppenhausen. Anfänglich (der Erstflug des Typs war am 20. April 1968) wurde die Maschine aus Glasfaserkunststoff und Balsaholz gebaut. Die des Flugsportvereins ist ein Prototyp: nur aus Kunststoff. Das Flugzeug war von Anfang an auf Erfolg getrimmt, bereits im ersten Jahr der Serienproduktion wurden 33 Maschinen verkauft. Die ASW 15 b des Vereins verfügt über ein einziehbares Fahrwerk und wird trotz ständig raffinierterer Entwicklungen allgemein noch immer im Wettbewerb eingesetzt. Der schlanke Rumpf des Flugzeuges ist ganze 6,45 m lang, die Spannweite mißt 15 m. 318 kg wiegt sie am Start, wenn 108 kg Zuladung hineingepackt sind. Bis zu einer Mindestgeschwindigkeit von 64 km/h läßt sich die ASW 15 steuern, die Höchstgeschwindigkeit beträgt 220 km/h.

ASW 15, D-2348

Diese Zahlen zeigen im Vergleich zu den Angaben über die einstige „Rhönlerche“ nicht nur das ungeheuere Feld konstruktiven Schaffens im Segelflugzeugbau auf, sie sind auch ein wenig Symbol für den Werdegang des jungen Vereins, der in seiner Maschinenwahl nie der Selbstüberschätzung schuldig wurde.
Und das war die brave „Rhönlerche“: 13 m Spannweite, 7,30 m lang, 190 kg Zuladung haben in ihrem geräumigen Rumpf Platz, dann wiegt sie 400 kg. Noch mit 50 km/h liegt sie ruhig in der Luft, gutmütig, kaum aus der Ruhe zu bringen. Mehr als 170 km/h bekommen ihr nicht allzu gut und wenn die Thermik nicht hilft, bleibt man auch nicht lange oben: ihre Gleitzahl ist 19!
Zwar war es nicht allzu lange da, aber ganz unerwähnt soll es nicht bleiben: das „Grunau-Baby“, mit dem nur wenige Aktive des Luftsportvereins Bekanntschaft machten und das dann ausgemustert wurde, als Alterserscheinungen den Dienst für die Fliegerei versagten. Auf jeden Fall gehört es aber in die Reihe der Flugzeuge, die auch in Saal/Saale den Traum vom Fliegen zu verwirklichen helfen.

(Aus der Festschrift zur „Einweihung des Segelflugplatzes in Saal am 18. August 1974“, Ulrich Lutz, Fotos: Elmar Umhöfer)